Dienstag, 20. September 2011

Change und böses Erwachen

Letztens habe ich mit einem Freund, der mir sehr wichtig ist und dem ich vertrauen, über mein Verhalten gesprochen. Was mich an mir selber stört und warum ich micht teilweise so verhalte. Ich habe keine Ahnung warum, aber ich habe mir diese Arroganz angewöhnt. Eine Arroganz, die mich im Bus eher die Augenbrauen hochziehen als lächeln lässt, wenn mich jemand anschaut. Eine Arroganz, die mich andere abschätzend angucken lässt, wenn ich an ihnen vorbeigehe. Und nach meinem Freund, ist es auch das, was andere über mich sagen: dass ich arrogant bin. Aber jeder der mich besser kennt, und ich zähle mich selbst dazu, weiß, dass ich nicht so bin. Mir ist klar geworden, wie abstoßend dieses Verhalten eigentlich ist und dass ich es nicht nötig habe, mich so zu verhalten. Nur weil ich unsicher bin und meinen Platz im Leben immernoch suche, habe ich nicht das Recht, mich anderen gegenüber arrogant zu verhalten. Ich habe Angst verletzt zu werden, klar. Aber mein Freund hat mir die Augen geöffnet. Ich bin lieber verletzlich und wirke ein wenig naiv auf andere, als arrogant und eingebildet. Das sind Eigenschaften, die ich an anderen Mensch immer kritisiere. Also habe ich beschlossen, dieses Verhalten abzulegen und von "harte Schale, weicher Kern" zu "weiche Schale, noch weicherer, kuschligerer Kern" umzusteigen. Ganz sicher war ich mir aber noch nicht, weil man bei dem Fassen eines Entschlusses nie richtig weiß, wie es dann mit richtigen "harten" Bedingungen aussieht. Also wählte ich den Montag zu meinem Probetag aus.








Montag, der Probetag: Es war ein Morgen wie jeder andere, ich bin aufgestanden, habe mich angezogen und geschminkt, habe gefrühstückt und Zähne geputzt, bin mit Elise schnell zur Haltestelle gelaufen, hab den ersten Bus verpasst (ich werde den Tag zelebrieren, wenn wir den mal bekommen) und hab dann den zweiten genommen. Genau hier fing es an: Change. Statt ein unbewegtes Gesicht zu machen, habe ich alle meine positive Energie nach außen gekehrt. Ich habe nicht mehr versucht, die Leute irgendwie mysteriös oder so anzugucken, ich war einfach ich selbst. Und wenn mich jemand angeguckt hat, habe ich gelächelt. Ich war verblüfft wie viele zurückgelächelt haben. Das gab mir eine so vollkommene innere Zufriedenheit, dass sich das Lächeln in mein Gesicht meißelte und ich einfach da saß und im Gleichgewicht war. Nur an einer Stelle ist die Arroganz zurückgekehrt und genau dieser Moment hat meine Theorie bestätigt. Es war auf dem Weg zum Lateinunterricht und schon von weiten sah ich drei Jungen aus meiner Lateinklasse im Gang stehen. Als ich mich näherte, sah ich, wie sie sich Blicke zuwarfen, die, naja, wie beschreibt man das am besten, ich sag mal unterstützt vom übertriebenen Bewegen mit den Augenbrauen unterstütz waren. Genau in diesem Moment habe ich gemerkt, wie sich die Arroganz wie eine steinerne Maske auf mein Gesicht gelegt hat. Aber es war auch nicht mehr als das, eine Maske. Die ich sofort wieder abnahm, als ich ihre kalten Züge um die Mundwinkel und ihr zorniges Funkeln in den Augen bemerkte. Das Lächeln kehrte zurück und ich fühlte mich gleich besser, selbstbewusster und war stol auf mich, weil ich das erste Mal das Gefühl hatte mit so einer Situation richtig umgegangen zu sein. Ich kann meinem Freund gar nicht genug danken. Es ist immer bei mir in Gedanken und es ist so, als würde er mir die ganze Zeit über die Schulter schauen. Aber kein wertendes Über-die-Schulter-Schauen, eher ein ermutigendes, dass dir einen kleinen Schubbs in die richtige Richtung gibt. Und genau dieses Schubsen habe ich gespürt, als mich der Lateinlehrer zwischen dir beiden Jungs gesetzt hat. Normalerweise hätte ich gestöhnt, die Augen verdreht und angepisst meine Tasche auf den Tisch geknallt. Albern oder? Aber der kleine Stupser ließ meine Bewegungen ruhig werden. Ich setzte mich hin und lächelte meine neuen Banknachbarn an. Und, oh Wunder, sie lächelten zurück und es war der Beginn einer wunderbaren...Nachbarschaft. Der Junge zu meiner rechten meinte nach einer Weile: "Mir ist kalt" (das Fenster war offen). Er hat es auf deutsch gesagt und ich merkte, wie ein kleines, unbekanntes, sympatisches Lachen meine Lippen verließ. Meinen Bonus als hilflose Deutsche ausnutzend, hab ich mir immer Sachen erklären lassen und Arbeitsblätter verglichen. Und nun, nach diesen 60 Minuten, hatte ich zwei Menschen mehr gewonnen, die mich in der Schule erkennen und mich anlächeln. Ich behielt diese Attitüde den ganzen Tag und auch auf der anstrengenden Busfahrt bei. Und es hat wirklich was gebracht. Am Ende des Tages fand ich eine Freundschaftsanfrage von einem Jungen, der immer mit Elise und mir im Bus fährt. Ich weiß nicht, woher er meinen Namen kennt, aber das mal beiseite: Es ist doch erstaunlich. Ein Tag ein Lächeln überall mithinnehmen, das mir nicht mal schwerfiel und schon kommt man von 0 neuen "Sympatisanten" auf 1 1/2.





BÖSES ERWACHEN Es klingt jetzt vielleicht dramatisch und nach einem Ende der Lächelphase, aber eigentlich ist es nur genau das, was es ist, ein weniger schönes Aufwachen. Womit wir im Heute angekommen wären. Um 6:00 klingelte mein Wecker. Unwillig öffnete ich die Augen gerade so weit um zu sehen, dass es draußen zu dunkel war um aufzustehen. Langsam und begleitet von Stöhnen, streckte ich meine steifen Gliedmaßen aus dem Bett. Mir tat noch alles weh vom gestrigen Training und mit eckigen Bewegungen schleifte ich mich ins Bad. Das Licht war strahlend hell und tat in den Augen weh. Aber nachdem ich mich an das Licht gewöhnt hatte, wünschte ich mir das stechende Licht wieder, nur um nicht sehen zu müssen, was ich in diesem Moment sah. Mir gegenüber stand ein blasses, verquollenes Etwas mit einem Heuhaufen auf dem Kopf. Seine Augen waren klein und eigentlich nur Schlitze in dem fahlen Teigklecks mit dem Kissenabdruck. Darunter lagen kilometerlange schatten, so dreckig grau wie die Straßen von London. Mir entfuhr ein kleines verzweifeltes: "Och nö.", als ich den Teigkelcks als mein Gesicht, die Schlitze als meine blauen Augen und die Straßen von London als meine Augenringe erkannte. Böses Erwachen eben. Doch ich blieb tapfer und zog mein Morgenprogramm durch. Schließlich fand ich mich im Bus wieder...mit einem Lächeln auf den Lippen. Auch diesen Tag behielt ich das Lächeln bei, das zeitweise zu einem Grinsen (als ich von der Abwesenheit einer Lehrerin und den aufallenden Stunden erfuhr) oder zu einem Lachen (in der Anwesenheit meiner Freundinnen) wurde. Ich war einfach ich selbst heute. Ich habe gesungen und getanzt ohne mich darum zu kümmern, was andere von mir denken. Ich war ich selbst und habe Kommentare wie "T'es folle?!" (Bist du verrückt?!) bekommen, die ich als Kompliment aufgefasst hab. Als Dankeschön für einen Kaugummi hab ich dem Schenker aus dem Papier eine Blume gebastelt und nach dem Spanischunterricht hab ich den neuen Schüler angesprochen. Er kommt aus Algerien, wie er mir erzählt hat und ich war stolz auf mich, dass ich etwas für ihn getan hab, über das ich mich auch an meinem ersten Tag gefreut hab.


Ich hatte heute vergleichsweise früh Schluss und trotzdem hab ich nicht viele Hausaufgaben geschafft. Ich muss mich wirklich reinhängen, am Freitag schreibe ich meine erste Arbei in Französich (so wie eine Deutscharbeit, nur in einer Sprache, die ich mit lauter Grammatikfehlern beschmutze)!


Gebt mir mentale Kraft!

1 Kommentar:

  1. Jetzt habe ich endlich gefunden, wie man einen Kommentar schreiben kann. Aber das Speichern ist ein Problem... Ahh, jetzt klappt es...

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