Montag, 5. September 2011

Entrée

Als ich um die Ecke bog und der Eingang der Schule in mein Blickfeld rückte, drehte sich mir der Magen um und das Herz rutschte mir in die Hose. Ich war in meinem Albtraum gelandet. Nur diesmal half auch mein bestes Zwicken nicht. Alles verschwamm zu einer Masse aus Picaldi und Jogginghosen. Ich hatte das Gefühl, als würde ich in eine bizarre Fabrik eintreten, in der irgendwer, warum auch immer, kleine, dünne, dunkelhäutige Typen in Jogginanzügen und dickliche Mädchen mit fettigen Haaren, produzierte. Alle sahen gleich aus. Es war wirklich schrecklich. Eine Masse, die schon von weiten gut zu hören war. Eine Masse, die Jeans mit vielen Schnallen und dazu schwarze, längliche Klettverschlussschuhe trägt. Eine Masse, die zu 90% männlich (haha, schön wärs) war.
Aber ich habe mir gesagt: "Vielleicht solltest du nicht gleich alle hassen, denn du wirst für ein Jahr in DIESER VORHÖLLE GEFANGEN SEIN! nein, ein Jahr diese Schule besuchen. Also drehte ich meinen Magen wieder um, zog mein Herz aus meiner Hose und öffnete die Türen.
Vielleicht sollte man erwähnen, dass ich kein mutiger Ritter war, der alleine in die Schlacht zog. Ich hatte meine halbe Familie mitgebracht: Karine, meine Gastmutter, Elise, meine älteste Gastschwester und Clara, meine mittlere. So sind wir dann alle als kleines Grüppchen, umringt von...naja, ihr wisst schon...bis zum Sekreteriat vorgedrungen.
Der Prof. war abre wirklich nett und hat mich dann sogar zu meinem Zimmer begleitet. Meine Leibgarde musste ich leider im Erdgeschoss zurücklassen. Ohne Rückendeckung bin ich schnell ins Zimmer gehuscht und war 20 Minuten einfach nur erleichtert, dass ich mich nicht hatte vorstellen müssen.
Nach diesen 20 Minuten der Erleichterung, fing ich an, mich umzusehen und schaute dann immer öfter zum offenen Fenster. Die Jungen in meiner Klasse sahen aus, als wäre sie 12! Ich wette, sie haben nur so viel, die meisten sogar weniger, gewogen wie ich. Und die Mädchen allesamt Mandys und Jaquelines. Aber ich habe es akzeptiert und mich auf den Prof. konzentriert. Er war die einzige Person in dem Raum, mit der ich nur annähernd befreundet sein wollte. Offenes Fenster, sag ich nur.
Aber dann, als ich schon resignierend meinen Namen in das Heft der Schule geschrieben hatte, kam der Prof. aus dem Sekreteriat wieder. Er meinte nur, ich solle mein Zeug nehmen und ihm folgen. Wie auf der Flucht, raffte ich meine Sachen zusammen und verließ rückwärts den Raum. Der Prof. erzählte mir dann, dass doch noch ein Platz auf dem anderen lycée frei war. Aber ich konnte mich nicht richtig freuen. Es war einfach too much information und zu viel neues auf einmal.
Am Sekreteriat haben dann alle auf mich gewartet. Wir sind so schnell wie möglich rüber in das (viel schönere und niveauvollere) Gebäde gegangen. Wir klapperten ein paar Zimmer ab und erledigten Papierkram und schließlich führte uns eine ältere Dame, die ein verdächtig faltenfreies Gesicht hatte, zu meinem Klassenzimmer. Da ich logischerweise zu spät war, kam ich den Genuss, von allen angestarrt zu werden. Und hey, ich durfte mich sogar vorstellen! Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, zu meinem Platz zu kommen, ohne zu stolpern.
Im Nachhinein dankte ich meinem Bauch (mit einem gâteau au chocolat) für die Platzwahl, die wirklich reine Intuition war. Das Mädchen neben dem ich saß, war wahrscheinlich das stylischste aus der ganzen Klasse und wie sich herausstellte auch das netteste.
In der Pause wartete sie mit einer Freundin auf mich und fragte mich, ob ich mit ihnen gehen wollte (aber ohne kleine weiße Kaninchebabys, alles gut). Mein Tag war gerettet.
Mein Tag war wirklich anstrengend und bevor ich morgen wieder einschlafe (wie heute bei der Rede des Direktors-extrem gefährlich bei einem Mann, der gerne schreit), gehen ich lieber in mein Bett. Es war ein einfach zu viel heute.
Wer kann schon von sich behaupten, dass er zwei Entrées an einem Tag erlebt hat?
Bisous, bisous
...

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