Freitag, 2. September 2011

Départ et arrivée

Nachdem ich meine Familie vor dem Check-In-Bereich mit nassen Augen zurückgelassen hatte, ging ich leicht melancholisch durch den Schalter. Der Abschied war kurz und den Umständen entsprechend schmerzlos und so war ich überwiegend mit positiven Gefühlen bediehnt. Bis wir in den Flieger konnten, hatten wir noch Zeit, die ich mir mit Ellen in einem kleinen Flughafenshop vertrieben hab. Dabei habe ich ein wirklich gutes Magazin entdeckt, das ich nur weiterempfehlen kann: kinki. Die besitzen wirklich einen erlesenen Musikgeschmack und die Modeseiten waren geprägt von American Apparel und Vintage.

http://kinkimag.com/

Mit uns ist noch ein Junge geflogen-Lorenz. Er war mir von Anfang an unsympatisch mit seinen gut gemeinten, aber schrecklich widerlichen Rastas, die ihm in sein pickeliges Gesicht hingen. Er hat mich an einen Penner erinnert, der dich penetrant und stinkend anlächelt. Und dann noch diese schreckliche, kurze, karrierte Leinenhose! Und bevor ihr mich verurteilt, mein Frust auf ihn ist wirklich begründet. Er hat mir das Vergnügen einer entspannten Reise genommen! Aber dazu später.
Wir sind dann erstmal in den Flieger gestiegen und ich hatte das Glück neben einem sehr deutschen Ehepaar zu sitzen. Die Frau hat mir beim Verstauen ihres Handgepäcks erstmal ihre Tasche inklusive ihres Bauches ins Gesicht gedrückt. Und als sie sich dann an mir vorbei zum Fensterplatz gequetscht hat, habe ich wirklich Platzangst bekommen.
Der Flug an sich war aber wirklich angenehm, soweit ich das mitbekommen hab. Ich habe nämlich die ganze Zeit geschlafen. Aber ich bin sicher, dass man das bei dem Stress der letzten Tage nachvollziehen kann.
Nach ca. 50 Minuten sind wir dann sicher in Düsseldorf angekommen und ich hab dann ganz laut angefangen zu klatschen. Peinlich. Aber ich dachte, dass man das nach einem gelungenen Flug so macht. Aber der warme Bruder vom Bordpersonal hat es wenigstens belustigt, aber verständnisvoll mit einem Zwinkern gewürdigt.
Bis dahin war alles ok - super Flug ohne Stress. Aber dann fiehl Lorenz ein, dass er seine Tickets im Flugzeug vergessen hatte. Wie dumm kann man bitte sein?! Die Tickets sind fast das Wichtigste, was man während eines Fluges bei sich hat. Wie verpeilt muss man sein, dass man die vergisst?! Ich hatte mir im Flugzeug schon genüsslich meine Wartezeit mit Kaffee und Zeitung vorgestellt, aber nein, wir mussten ja neue Tickets ausdrucken lassen. Dann hatten wir sogar noch Zeitdruck und kamen gerade nochpünktlich zum Gate. In der ganzen Hektik hat Ellen dann ihre Jacke vergessen, in der sie ihr Portemonaie vermutete. Glücklicherweise fand sie das dann doch in ihrer Tasche. Die Jacke allerdings war passé.
Kommt es mir nur so vor, oder bin ich die einzige, die unbehelligt von Problemen reisen kann?
Aber schließlich saßen wir dann doch in dem Flugzeug, das uns nach Paris bringen würde. Mittlerweile waren auch ein paar andere EF-Schüler hinzugekommen.
Auf dem Flug saß ich neben einem Mann indischer Herkunft, dessen Anzug leicht zerknittert war. Er ist immer total niedlich eingenickt, nach vorne gekippt und dann wieder hochgeschreckt. Lufthansa hat uns auf dem Flug sogar mit einem kleinen Nudelsalat versorgt. Nachdem ich den gegessen hatte, bin ich wieder in die Traumwelt versunken. Glücklicherweise bin ich noch vor Paris aufgewacht und konnte so beobachten, wie die riesige Stadt immer näher kam. Obwohl Paris kleiner aussah als eine Modelleisenbahnstadt und es diesig war, konnte man den Eiffelturm deutlich erkennen. Einfach zu schön, wie er weit über die anderen Gebäude reichte und sich unverkennbar als Wahrzeichen von Paris präsentierte.
Dann kamen wir auf dem monströsen Flughafen Charles de Gaule in Paris an. Mit Ellen und Lorenz im Schlepptau zog ich ins Weite richtung Gepäckausgabe und schon bahnte sich sich die nächste Katastrophe an. Ellen und ich hatten die Koffersache innerhalb von 10 Minuten erledigt und waren bereit, die EF-Mitarbeiter aufzuspüren. Aber da war ja noch Lorenz. Der konnte seinen Koffer nicht finden. Erst standen wir ewig am Laufband und Lorenz hat dann einen Koffer gesehen, der so ähnlich war wie seiner. Aber er hat natürlich fachmännisch erkannt, dass es nicht seiner war. Mir wurde es dann einfach zu bunt und und ich hab eine Frau vom service de bagage um Hilfe gebeten. Das kostete mich so viel Überwindung, dass ich darüber die freundliche Anrede vergessen hab. Sie hat mich gleich mal als unhöflichen Trampel abgestempelt. Lorenz sollte dann rankommen und Ellen und ich haben uns nochmal das Laufband vorgenommen, weil wir seinem Urteil nicht trauen wollten. Ich habe dann einen Koffer gesehen, der den gleichen Koffer hatte, wie meiner. Und, oh Wunder, es war der, der so ÄHNLICH aussah wie der von Lorenz. Ich hab den dann vom Laufband gehieft und mir Lorenz zur Brust genommen. Ein schrecklicher Verdacht hatte sich in mir angebahnt, der Hand in Hand mit einer Aggressivität ging, die mich andere Leute schlagen lassen will. Ich habe ihn dann auf das gleiche Schild hingewiesen und ihn aufgefordert mal in den Koffer reinzugucken. Er meinte nur, dass das nicht nötig sei, weil...weil...SEIN NAME DRAUF STAND! Ich war so angepisst! Erkennt der Junge seinen eigenen Koffer nich?! Ich war richtig sauer und wollte ihm nur noch meinen (21 kilo schweren) Koffer um die Ohren hauen. Und wir waren viel zu spät dran.
Ich bin dann vorneweg und hab mich in der Rolle des Alphaweibchens erstaunlich wohl und selbstsicher gefühlt. Wir haben dann auch gleich die EF-Mitarbeiter gefunden. Dann musste ich mich von Ellen verabschieden und bin mit einer anderen Schülerin, der uns zugeteilten EF-Mitarbeiterin hinterhergeirrt. Sie hatte schokoladenbraune Haut, ein warmes, freundliches Gesicht und lange, schwarze, krause Haare, die sie zu einem Zopf gebunden hatte. Mit ihr sind wir dann zu einem Zug gegangen, dessen einzige Aufgabe es war, Reisende von A nach B zu transportieren- auf dem Gelände des Flughafens. Ich sagte ja monströs. Dann wurden wir übergeben und an diesem Punkt trennten sich unsere Wege. Ich kam zu einer Mitarbeiterin, die schon einen Bubi aus der Slovakei unter ihren Vittichen hatte. Diese ist mit uns im Bus gefahren, der uns zum Gare de Lyon gebracht hat. Im Bus war dann noch eine Deutsche, mit der ich mich unterhalten konnte. Schon etliche Kilometer vor dem Pariser Zentrum, war etwas vom typischen Verkehrschaos zu spüren. Aber bis auf die arktischen Temperaturen, die die Klimaanlage (bei 29° Grad Außentemperatur) erzeugt, war auch das eine entspannte Fahrt. Am Bahnhof musste ich dann noch zwei Stunden warten, die aber erstaunlich schnell vergingen.
Die Zugfahrt dauerte 2 1/2 Stunden und war relativ unspektkulär. Der TGV raste durch Landschaften, die sich kaum von den deutschen unterschieden. Außer, dass ab und zu Weinberge auftauchten und die Kühe hier dreckig weiß und nicht gefleckt sind.
Fortsetzung folgt...

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